Die wiederholte Rettung – Fortsetzung folgt

An die Journalisten und Medien wurde seitens der Beteiligten eine Einigung, ein plötzlicher Erfolg bei den seit nahezu einem Jahr chronisch stockenden Verhandlungen vermeldet. Immerhin hätte die Inspektion programmgemäß vor mehr als einem Jahr abgeschlossen sein müssen. Allein schon ihr offizieller Beginn verzögerte sich, weil die erste Inspektion sich um beinahe zwölf Monate verzögerte. Faktisch werden viele Voraussetzungen und Modellrechnungen des dritten Rettungspakets allein durch die Verzögerung obsolet.

Zudem ist die propagierte Einigung noch gar nicht sicher. Eine Rückkehr der Vertreter der Kreditgeber nach Griechenland findet, wenn der Internationale Währungsfonds bei seiner Frühjahrssynode am 21. April zustimmt, erst gegen Ende April statt. Demnach wäre frühestens im Mai mit einer tatsächlich unter Dach und Fach gebrachten Einigung zu rechnen. In Athen wird die reguläre Sitzung der Eurogruppe am 22. Mai als Ziel ausgegeben, wobei als Hoffnungsschimmer für die Wirtschaft eine früher einzuberufende außerordentliche Sitzung ebenfalls in Erwägung gezogen wird.

Abgesehen von immer noch bestehenden Einwänden von Seiten der Griechen, bleibt die Frage der Tragfähigkeit der Schulden für den IWF ein entscheidender Faktor. Ist sie nicht gegeben, dann verlangt der in Washington residierende Währungsfonds neue Sparmaßnahmen. Aktuell ist sich der IWF mit der griechischen Regierung in einem Punkt einig. Beide möchten konkrete, bei der aktuellen Inspektion zu beschließende Maßnahmen zur Senkung der Schuldenlast. Genau dies möchte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble vor der Bundestagswahl gern vermeiden.

Der IWF machte bei jeder Gelegenheit deutlich, dass er in diesem Punkt nicht nachgeben wird. Er verlangt nach „einer glaubwürdigen Strategie, um die Schuldennachhaltigkeit wiederherzustellen.“ Ohne diese gibt es keine Einigung.

Premierminister Alexis Tsipras glückte es, die Beschlüsse der Eurogruppe von Malta durch das Zentralkomitee seiner Partei absegnen zu lassen. Allerdings musste er dabei dreizehn prominente Gegenstimmen, die sich um den ehemaligen Bildungsminister Nikos Filis gesammelt hatten, hinnehmen. Zudem wurde der Kompromiss nur mit der Fußnote der Lösung der Tragfähigkeit der Schulden abgesegnet. Ob die bisherige Nibelungentreue der 153 Regierungsabgeordneten auch bei der Abstimmung über die bis zum Mai konkret auszuformulierenden Maßnahmen hält, muss sich zeigen. Seitens der Opposition kann Tsipras anders als im Sommer 2015 nicht auf Hilfe hoffen. Die 147 Parlamentarier aller übrigen Parteien werden mit Nein stimmen. Sie wollen Neuwahlen oder zumindest einen Regierungssturz.

Dagegen sind Schäuble und der IWF hinsichtlich der Austeritätsforderungen an Griechenland Verbündete. Ob die in Malta ausgehandelten 3,5 Milliarden Euro an sozial einschneidenden Maßnahmen, die nach dem jüngsten Kompromiss 2019 zum Tragen kommen sollen, ausreichen, wird sich erst 2018 zeigen. Fällt der Primärüberschuss des Staatshaushalts geringer als 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, so sind weitere Maßnahmen fällig. Je länger die Maßnahmen verzögert werden, umso wahrscheinlicher wird es, dass Griechenland die Ziele nicht erreicht.

Umfragen in Griechenland versuchen zu beleuchten, was die Bevölkerung über Tsipras Verzögerungstaktik denkt. Die Meinungsforscher der Universität Makedonien ermittelten in einer am Montag vorgestellten Umfrage, dass 73 Prozent der Griechen überzeugt sind, Tsipras würde den Abschluss der Inspektion bewusst verhindern, um länger an der Macht zu bleiben.

Einen weiteren Grund, das Warten auf ein Scheitern der Bundeskanzlerin bei den Wahlen im September kann Tsipras dagegen vergessen. Der SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz verdeutlichte bei einer Pressekonferenz in der laufenden Woche, dass es ohne Reformen kein Geld für Athen gibt.

Dies wiederum schwächt die Verhandlungsposition Tsipras’ mit seiner eigenen, ums Überleben kämpfenden Partei. Die Umfrage der Universität Makedonien zeigte bei der berühmten Sonntagsfrage, dass SYRIZA bei 15,5 Prozent, die größte Oppositionspartei Nea Dimokratia jedoch bei 33 Prozent der Wähler im Kurs steht. Dem Koalitionspartner Unabhängige Griechen droht mit zwei Prozent ein Scheitern an der Sperrklausel von drei Prozent.

Die bisherige Taktik der Regierungsmannschaft war es, die laut Vereinbarung von Malta ab 2019 gültigen Maßnahmen als mit einer neuen Regierung in Berlin verhandelbar darzustellen. Diese Ansicht vertrat Parlamentspräsident Nikos Voutsis noch am Dienstag. Sie dürfte sich als weiteres Märchen in der endlosen Fortsetzungsreihe des griechischen Dramas erweisen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"